Major ohne Titelverteidiger: Mickelsons Denkmal bröckelt

Major ohne Titelverteidiger: Mickelsons Denkmal bröckelt

Vor einem Jahr war Phil Mickelson im Kiawah Island Golf Resort noch der gefeierte Held: Im Alter von 50 Jahren gewann der US-Amerikaner damals als ältester Spieler der Geschichte bei der PGA Championship ein Major-Turnier.

An der Atlantikküste wurde der Linkshänder mit «Lefty! Lefty!»-Rufen von seinen Fans frenetisch gefeiert. Aus der Golf-Welt kamen Lobeshymnen. Doch zwölf Monate später gibt es nicht nur kleine Kratzer am Denkmal des US-Stars, es bröckelt ganz gewaltig.

Der 51-Jährige sagte seine Teilnahme an der PGA Championship, die an diesem Donnerstag im Southern Hills Country Club in Tulsa im US-Bundesstaat Oklahoma beginnt, ab – einmalig für einen Titelverteidiger. Damit verlängerte Mickelson seine selbst auferlegte Golf-Abstinenz. Schon beim Masters im April, dem ersten Major des Jahres, fehlte er. Seine bis dato letzte reguläre Turnierteilnahme war Anfang Februar – ausgerechnet in Saudi-Arabien.

Mickelson kritisiert PGA Tour scharf

Und womöglich kommt er nie mehr auf die PGA Tour zurück. Denn der Kalifornier hatte zuletzt mit der US-Tour gebrochen und machte der aus Saudi-Arabien finanzierten, neu geschaffenen, aber umstrittenen LIV Golf Invitational Series Avancen. Die PGA Tour kritisierte er für zu wenig Veränderung und warf ihr unter anderem «widerwärtige Gier» vor.

«Wir wissen, dass sie Khashoggi ermordet und eine schreckliche Bilanz in Sachen Menschenrechte haben. Sie richten Menschen hin, weil sie schwul sind. Warum sollte ich das überhaupt in Betracht ziehen, wenn ich all das weiß? Weil dies eine einmalige Gelegenheit ist, die Arbeitsweise der PGA Tour neu zu gestalten», wurde Mickelson bereits im Februar vorab aus einer Biografie zitiert, die in dieser Woche in den USA erschien. Zudem bezeichnete er die PGA Tour samt Chef Jay Monahan als «Diktatur».

Journalist und Regierungskritiker Jamal Khashoggi war im Oktober 2018 im saudischen Konsulat in Istanbul getötet worden, seine Leiche wurde zerstückelt und ist bis heute unauffindbar. Die US-Geheimdienste sehen den saudischen Kronprinzen Mohammed als Drahtzieher. Das Königshaus weist das zurück.

Auch der frühere Golf-Weltranglistenerste Greg Norman, der die neue Serie organisiert, spielte den Mord herunter. «Sehen Sie, wir haben alle Fehler gemacht, und man möchte aus diesen Fehlern lernen, und wie man sie dann künftig korrigieren kann», sagte der 67 Jahre Australier bei einem Promotion-Termin zur neuen Konkurrenz-Serie.

Die PGA Tour hatte den Spielern eine Teilnahme am LIV-Auftaktevent in London verboten. Zuvor hatten die Organisatoren versucht, für die neue Serie, die auch auf Golfplätzen des ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump ausgespielt werden soll, Spieler von der PGA Tour mit hohen Summen abzuwerben. Golfprofis, die an einem Nicht-PGA-Tour-Event teilnehmen möchten, müssen bei der PGA um Erlaubnis bitten, wenn zeitgleich ein Event in Nordamerika stattfindet. Bei einem Verstoß drohen den Spielern harte Strafen.

Woods steht auf Seiten der PGA

Neben Mickelson hatten unter anderen der frühere Weltranglistenerste Martin Kaymer eine Anfrage für die Teilnahme am Londoner Turnier gestellt. Allein diese Veranstaltung ist mit 20 Millionen US-Dollar dotiert – der Sieger bekommt vier Millionen Dollar. Zum Vergleich: 2021 strich Mickelson für seinen Sieg bei der PGA Championship rund 2,1 Millionen Dollar ein.

Auch Golf-Superstar Woods steht auf Seiten der PGA: «Ich verstehe unterschiedliche Standpunkte, aber ich glaube an ein Vermächtnis. Ich glaube an Major-Turniere. Ich glaube an Vergleiche mit historischen Persönlichkeiten der Vergangenheit», meinte Woods. «Hier draußen gibt es viel Geld. Die Tour wächst. Aber es ist wie bei jedem anderen Sport auch: Man muss da rausgehen und es sich verdienen.»

Nach der Vorveröffentlichung der Biografie-Zitate bedauerte Mickelson einige seiner Worte. Er brauche etwas Zeit, um «an dem Mann zu arbeiten, der ich sein möchte», schrieb der sechsmalige Majorsieger in einer Erklärung. Seitdem schweigt Mickelson zur Causa.

Von Benjamin Siebert, dpa